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4 – Die Wirkung von Sprache – Christine Sajek

Willkommen beim 4. Tag des TOP-Trainer Adventskalenders

Gehst du auch auf Abwehr, wenn du etwas MUSST?

Wer kennt das nicht? Die Eltern, der Lehrer, der Vorgesetzte oder der Hundetrainer sagen, Sie müssen noch das oder das erledigen. Geht es Ihnen dann genauso wie mir und Sie nehmen eine innerliche Abwehrhaltung ein?

Regelmäßig kam mir in den Sinn: Ich muss gar nichts, nur irgendwann sterben. Ok, der Grundgedanke nichts müssen zu müssen ist schon gut. Im Grunde setzt uns dieses kleine Wort doch sehr unter Druck und das, obwohl wir doch immer entscheiden können, ob wir diese Dinge wirklich tun wollen und ihnen damit Priorität geben oder eben nicht.

Ich war immer der Meinung, dass dieser oben genannte Satz ein guter Konter für Dinge ist, bei denen ich noch gar nicht entschieden habe, ob ich sie wirklich machen möchte. Schon gar nicht, wenn sie mir von jemand anderem genannt wurden.

Fakt ist es aber, dass der Satz unabhängig davon, wie wahr er ist, mich nicht wirklich entspannen lässt.

Ein Vortrag über Sprache brachte mich zum Nachdenken

Dieses Jahr durfte ich bei den Easy Dogs Querdenkertagen 2017 Frau Ina Willax kennen lernen. Sie ist Mitarbeiterin bei von LINGVA ETERNA®, einem Aus- und Weiterbildungsinstitut für Menschen, die ihre Sprache achtsam und bewusst gebrauchen wollen.

Ihr Vortrag startete mit einem Test und dieser brachte mich gewaltig ins Grübeln: Es wurden ein paar einfache Worte zwei Mal hintereinander wiederholt um diesen einmal richtig zu lauschen. Eins dieser Worte war zum Beispiel Telefon. Aufgabe war, nur dem Wort zu lauschen und darauf zu achten, welche Bilder vor unserem inneren Auge entstehen und welche Emotionen damit verbunden sind. Es gibt dabei kein richtig oder falsch, sondern erfährt man im Grunde nur etwas über sich selbst dabei. Person A kann zum Beispiel damit ein sehr gutes Gefühl assoziieren. Es tauchen vielleicht Bilder von Telefonaten mit der Mutter/dem Kind oder dem Freund/ der Freundin auf in denen alle Beteiligten herzhaft lachen und die Zeit wie im Flug vergeht.

Versuchen Sie es doch einmal selbst. Sagen Sie das Wort Telefon zwei Mal laut und deutlich hintereinander. Welche Empfindungen haben Sie dabei? Können Sie sich dem oben genannten positiven Gefühl anschließen und finden sich gegebenenfalls sogar in dem beschriebenen Bild wieder?

Vielleicht haben Sie gar nicht so große Empfindungen bei diesem Wort oder es geht Ihnen wie Person B. Person B ist Geschäftsmann in einer großen Firma, er nimmt immer Arbeit mit nach Hause und fühlt sich in der Verpflichtung immer und überall erreichbar zu sein. Da er am Telefon immer viele schwere Entscheidungen trifft und auch für die anstrengendsten Kunden im Unternehmen der Ansprechpartner ist verbindet er eher negative Emotionen mit dem Wort Telefon.

Person A und B kommen ins Gespräch. Häufig fällt das Wort Telefon. Während des Gespräches bleibt Person A positiv ist freudig dabei und fühlt sich wohl. Bei Person B schwingen – für ihn unbegreiflich – plötzlich negative Gefühle mit. Die Gefahr, dass beide sich während des Gespräches nur aufgrund dieses negativen Gefühls missverstehen wächst, je häufiger das Wort Telefon genannt wird. Auslöser ist die unterschiedliche Art und Weise, welche Bedeutung wir Wörtern beimessen und welche unterschiedlichen Bilder wir damit verknüpft haben.

Mir wurde klar, warum der Satz seine Wirkung verfehlte

Doch was genau hat das jetzt mit meinem besonderen Satz zu tun? Ich wiederhole ihn noch einmal. Ich muss gar nichts, nur irgendwann sterben. Ist Ihnen jetzt auch aufgefallen, was mir nach dem Vortrag wie Schuppen von den Augen fiel?

Lassen Sie uns den Satz gemeinsam analysieren. Ich verwende ihn, um meinem Gesprächspartner zu zeigen, dass ich keinem Zwang unterliege und nur die Dinge tue, die ich auch wirklich machen will.

Das Wort „muss“ wird durch das „gar nichts“ sofort wieder verneint. D.h. ich muss nichts müssen. Um diese Aussage zu verstärken und dem Gesprächspartner den Wind aus den Segeln zu nehmen, schieße ich dann „nur irgendwann sterben“ hinterher. Somit vermeide ich einen Kommentar, der mich angreifen könnte.

Sterben ist bei mir und vielen anderen Menschen negativ belegt. Somit schaffe ich eine unbewusste Barriere zwischen den Gesprächspartnern.

Kein Wunder also, dass ein Satz, der mir eigentlich den Druck nehmen soll, dies zwar erfüllt, allerdings auch eine Beklemmung hinterlässt, die genauso negativ ist.

Wie könnte man die Situation besser lösen?

Doch wie löse ich die Situation am besten, wenn ich mich nicht mehr durch solche Aufforderungen aus der Ruhe bringen lassen möchte?

Nun ja im Grunde ist die Lösung leicht, allerdings nicht einfach.

Ich verzichte auf das Wort muss und kann dann auch wenn es jemand anderem über die Lippen kommt wohlwollend darüber weggehen, da ich meinen „Spezialsatz“ nicht mehr verwenden kann, schließlich erhält dieser auch das besagte Wort.

Einladung zu einem Experiment

Ich möchte Sie dazu einladen – im Hinblick auf Weihnachten und den Weihnachtstrubel – bei einem Experiment mitzumachen, und damit vielleicht ein bisschen mehr Besinnlichkeit zu erfahren.

Das Experiment beginnt erst einmal mit einer Beobachtung der eigenen Sprache.

  • Wie oft verwende ich das Wort „muss“ mir selbst und anderen gegenüber?
  • Fällt mir überhaupt auf, dass ich es regelmäßig gebrauche?

Falls Sie der Meinung sind, dieses Wort nicht oft zu verwenden, trauen Sie sich ruhig einen Familienangehörigen oder Freund um Hilfe zu bitten. Diese/r kann Sie darauf hinweisen, falls das Wort bei Ihnen fällt und Ihnen helfen, dies bewusster wahrzunehmen.

Nach ca. einer Woche werden wir aktiv unsere Sätze ohne muss und müssen gestalten.

Die Sprache verändert sich nach und nach

Wenn mich meine Nachbarin zum Beispiel früher gefragt hat, hätte ich folgendes zu meinen Plänen bis Weihnachten gesagt: „Ich muss noch Weihnachtsgeschenke einkaufen und ich muss noch den Weihnachtsputz erledigen. Außerdem muss ich noch mit dem Hund raus und ich muss auch noch mit ihm trainieren.“

Ab der zweiten Woche werde ich achtsamer mit meiner Sprache umgehen und daher sagen: „Ich werde am Wochenende die restlichen Weihnachtsgeschenke einkaufen, Mitte nächster Woche werde ich den Weihnachtsputz erledigen. Heute werde ich noch einen Spaziergang mit meinem Hund machen und dabei noch ein wenig am Rückruf trainieren.“

Im Grunde sind es die gleichen Inhalte und doch wird meiner Meinung nach der Druck gemildert. Vor allem werde ich auf meine Nachbarin entspannter wirken. Wie sehen Sie das?

Wichtig dabei ist, dass Sie gerade ab der zweiten Woche wohlwollend und nachsichtig mit sich selbst umgehen, sollte die Umsetzung während eines Gespräches mal nicht klappen. Wenn es Ihnen auffällt, dann sind Sie doch schon einen Schritt weiter als vorher und Veränderung brauchen Zeit. Es soll ja eine besinnlichere Weihnachtszeit werden.

Viel Spaß beim Ausprobieren

Ich wünsche Ihnen allen viel Spaß beim Ausprobieren.

Sie sind herzlich eingeladen, Ihre Gedanken und Erfahrungen mit dem Umgang mit Sprache in den Kommentaren zu teilen.

Eine gelassene Weihnachtszeit wünscht Ihnen

Christine Sajek vom Dog-Dojo

www.Dog-Dojo.de

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Amelie - 7. Dezember 2017

Liebe Christine, danke für deinen tolles “Türchen” im Adventskalender der TOP-Trainer.
Es hat mich stark ins Grübeln gebracht und ja, ich verwende viel zu oft (v.a. bei mir selbst) “Du musst noch…”
Ich werde jetzt wie vorgeschlagen, mich mal bewusst loben, wenn ich erkannt habe, dass ich “muss” verwendet habe und statt dessen den Satz im Geiste umzuformulieren.
Vorweihnachtliche Grüße

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